Die Entwicklungsphasen eines Hundewelpen – Teil 3

Die Entwicklungsphasen eines Hundewelpen – Teil 3

Die Prägungsphase von der 4. bis 7. Woche

Die Welpen unseres K-Wurfes sind nun in der Prägungsphase, die mit der 4. Woche beginnt und etwa bis zur 7. Woche geht.
Die Sinnesleistungen unserer Welpen sind nun voll entwickelt und ermöglichen auch allmählich ein genaues Orten von Wahrnehmungen über Nase, Ohren und Augen. So werden nun mit angespannter Körperhaltung Bewegungsvorgänge in der Umgebung aufmerksam verfolgt. Die heutige monatliche Sirenenprobe in unserer unmittelbarer Nachbarschaft hat unsere Kleinen nicht sonderlich beeindruckt, aufmerksam ja, aber spielen ist wichtiger. Die Befähigung zur Fortbewegung reift in diesen Wochen rasch und entwickelt sich vor allem im Spiel zu größerer Schnelligkeit, Wendigkeit und Sicherheit. Einige schlagen schon Haken, die manchem Feldhasen zur Ehre gereichen würden. Die Schlafperioden werden merklich kürzer, aber nicht so kurz, dass wir nicht auch zu unseren eigenen Ruhephasen kämen.

Die Welpen, deren Gebiss sich nun schnell entwickelt, interessieren sich schon sehr für das Futter der Eltern und haben auch das Recht, es ihnen fortzunehmen.

Die Welpen saugen natürlich immer noch bei der Mutter. Gewöhnlich bis zum Ende dieser Periode. Anfänglich liegt man noch im Lager zum Saugen, aber je mehr die Welpen sich außerhalb des Lagers herumtreiben, umso häufiger wird nun auch im Freien getrunken. Bald sitzt die Hündin ebenfalls dabei, und schließlich säugt sie ihre Welpen oft im Stehen. Aber immer häufiger flüchtet sie vor den unersättlichen Plagegeistern, deren nadelspitze Zähnchen auch für eine derbe Hundezitze zur Qual werden. Kann sich die Hündin nicht vor den Welpen an einen für jene unerreichbaren Ort zurückziehen, dann vertreibt sie diese knurrend vom Gesäuge.

Wir können jetzt schon bei den Welpen eine ganze Reihe sozialer Verhaltensweisen erkennen: das Wedeln mit der Rute (Schwanz) als Ausdruck freudiger Erregung und Zuwendung, das Einklemmen der Rute als Ausdruck ängstlicher Ergebenheit oder das schon geschilderte Mundwinkelstoßen, Ausdruck freundlicher Ergebenheit und Zuneigung. Die Welpen streiten schon recht zornig um Futterbrocken, sträuben dabei das Fell, legen die Ohren an, ziehen die Mundwinkel zurück und entblößen knurrend die Zähne.

Zwar ist die Heimbindung und die Bindung an die Mutter noch ausgeprägt erhalten, doch wagen sich die Welpen täglich weiter vom Lager weg, vor allem, wenn sie dabei den Eltern folgen können. Entfernen sich diese aber weiter als 30 oder später 5o Meter, bleiben die Welpen zunächst unschlüssig stehen und ziehen es vor, doch lieber wieder zum Lager zurückzukehren.

Neugier und Lerntrieb treten nun stark in den Vordergrund und kennzeichnen das ganze Welpenleben. Alles wird erkundet und probiert, an allen erreichbaren Dingen wird versuchsweise herumgekaut.

Zweifelsohne gibt es jetzt zahlreiche angebotene Lerndispositionen, die zu schnellen Lernerfolgen im Bereich des Nahrungserwerbs und des Sozialverhaltens führen. Kann der Welpe von einer solchen Lernphase keinen Gebrauch machen, besteht die akute Gefahr, dass Störungen bei den jeweils zugeordneten Verhaltensmustern eintreten oder überhaupt Teile des generellen Lernvermögens lahmgelegt werden. Außerdem lassen sich diese verschiedenen Lerndispositionen für Sozialverhalten besonders für die künftige Einstellung des Hundes zum Menschen auswerten.

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Es scheint so, dass gerade in diesen Wochen das Lernen von vielen vorprogrammierten Lernbefähigungen bestimmt wird, die zeitlich begrenzt sind, dafür aber das Gelernte zeitlebens festlegen. Mit anderen Worten: Das, was in dieser Zeit nicht gelernt wird, kann niemals mehr nachgeholt werden.

Bei solchen engbegrenzten, zeitlich festgelegten Lernvorgängen sprechen wir von Prägung. Einer solchen Prägung entspricht das künftige Verhältnis des Hundes zum Menschen.

Wenn wir täglich in dieser Zeit den Welpen die Möglichkeit bieten, sich mit unserer Hand zu befassen, dann werden aus diesen Welpen dem Menschen gegenüber ausgesprochen kontaktfreudige Hunde. Bieten wir den Welpen diese Möglichkeit während dieser Zeit nur wenige Male, dann werden aus ihnen kontaktarme Hunde. Vermeiden wir in dieser Zeit jede Möglichkeit, dass der Welpe uns beschnuppert, wird es zwischen Mensch und Hund niemals einen Kontakt geben, auch wenn wir uns nach der siebten oder achten Lebenswoche noch so um die Junghunde bemühen. Das Beste, was wir danach noch erreichen können, ist eine gewisse Zahmheit; benehmen wir uns aber ungeschickt, wird der Hund zum Angstbeißer. Solche Hunde, die oftmals aus dem Tierheim kommen oder aus fernen Ländern mitgebracht werden, erlebe ich täglich auf meinen Spaziergängen mit meinen Hunden. In der Regel mache ich dann einen Riesenbogen.

Es genügt aber nicht, dass der Welpe den Menschen täglich sieht, es genügt auch nicht, dass er direkt aus der Hand des Menschen sein Futter bekommt. Er muss unbedingt Berührungskontakt mit dem Menschen bekommen, wobei wohl der Geruch entscheidend ist. Es hat sich auch gezeigt, dass Welpen, die nur mit einem Menschen derartigen Kontakt aufnehmen konnten, späterhin fremden Menschen gegenüber unsicher und kontaktarm blieben, während Welpen, die von vielen Menschen gestreichelt wurden, sich zu richtigen Allerweltshunden entwickelt haben die mit jedem fremden Menschen bereitwillig Kontakt aufnehmen. Dies ist der Grund, weswegen wir die Besuchstage bei uns in Winkl für so wichtig erachten.

Da der Hund ja erfahrungslos zur Welt kommt und seine Artgenossen erst nach dem 18. Lebenstag wahrnehmen kann, muss es einen Mechanismus geben, der das Bild vom Artgenossen unverrückbar für alle Zeiten festlegt. Wenn nun in dieser Zeit zusätzlich der Mensch in Erscheinung tritt und vom Welpen genauso beschnuppert werden kann wie Eltern und Geschwister, dann wird auch er zum Artgenossen, der Welpe wird also auch auf ihn geprägt.

Wir können feststellen, dass die Eltern in dieser Entwicklungsperiode der Welpen überaus duldsam sind und den Kleinen sehr viel »Narrenfreiheit« lassen. Die „Verwandtschaft“ spielt geduldig mit den Welpen, allerdings geschieht das anfänglich noch ziemlich grob, als wollten sie die Welpen auf ihre Widerstandskraft testen. Aber der tiefere Sinn liegt wohl darin, dass auf diese Weise die Welpen sehr bald lernen, die notwendigen Beschwichtigungsrituale vorzubringen, ehe es noch zur tätlichen Auseinandersetzung kommt. Das lernen die Welpen tatsächlich recht bald, und sie erproben es dann sogar mit erstaunlichem Einsichtsverhalten. So kann man sehr heitere Szenen erleben: Ein Welpe läuft zur ruhenden Tante, baut sich vor ihr auf und vollführt sein Pfötchengeben unter lauten Angstschreien (die auch eine Aggressionshemmung darstellen). Dann beißt er die Alte blitzschnell in die Nase und läuft – man ist versucht, zu sagen: lachend – davon.

Solche Methoden werden auch angewandt, wenn ein Welpe einem Althund einen Futterbrocken wegnehmen will. Wenn der, erstaunt über das Getue des Welpen aufschaut, packt dieser flugs den Brocken und saust damit ab. Man kann natürlich Sozialverhalten auch so einüben.

Durch diese und ähnliche Dinge entwickelt sich zugleich ein festes Vertrauensband zu Althunden, die nun allmählich anfangen, die Welpen ein wenig zu disziplinieren, was gegen Ende dieses Lebensabschnittes deutlicher sichtbar wird.

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Besonders interessant wird das alles, wenn außer dem Wurf noch weitere Geschwister aus einem früheren Wurf der Eltern im Zwinger sind. Sie sind die Hauptspielpartner der Welpen in dieser Zeit.

Die Einflüsse innerhalb des ersten Lebensjahres prägen den Hund, und sie können stärker sein, als seine angeborenen Eigenschaften.

Entzieht man dem Welpen in dieser Phase alle diese Eindrücke, wird er mit großer Wahrscheinlichkeit später Sozialisierungsprobleme haben.131209_oGA_4051

Bei dieser Gelegenheit sei noch einmal erwähnt und explizit darauf hingewiesen, dass es den oft beschriebenen Welpenschutz nur und ausschließlich im eigenen Rudel gibt. Bitte bedenken Sie das beim Kontakt Ihres Welpen mit einem „fremden“ Hund. Oftmals höre ich dann den Satz: „Ach da kann ja nichts passieren, der Kleine hat ja noch den Welpenschutz“. Alles Blödsinn, denn den hat er nicht, und wird schon früh oftmals als Konkurrent angesehen.
Mit allen möglichen negativen Folgen.

 

nach Eberhard Trumler aus seinem Buch:“Hunde ernst genommen”
https://www.google.com/webhp?hl=de#hl=de&q=eberhard+trumler+hunde+ernst+genommen

 

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